HAUPTSACHE THEATER
Politisch motivierter Swing

Das Theater ist der beste Ort der Welt. Jedenfalls für mich. Immerhin ist es der Ort, an dem wir als Gesellschaft noch analog zusammenkommen. Ich finde ja, das Theater wird völlig unterschätzt. Und wenn wir nicht aufpassen, dann ist es weg. Theater kann überall sein. Da brauchste nix für, das geht in der kleinsten Hütte. Ein paar Lampen, ein paar Leute auf der Bühne und noch welche die davor sitzen. Und da kommen Sie ins Spiel!
Dieser Abend geht Quer & Beet durch die gesellschaftlichen Themen. Außerdem werde ich Ihnen die Relativitätstheorie erklären, aber das merken Sie gar nicht, weil die Musik swingt. Zusammen mit meiner Ukulele und Jonathan Bratoëff (im allerbesten Fall natürlich mit der ganzen Band), der mich am Bass und an der Gitarre begleitet, singe ich diesen Liederabend am besten Ort der Welt: im Theater. Denn Theater kann überall sein...

Text&Musik: Melanie Haupt
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SAARBRÜCKER ZEITUNG:

Zweiter Wettbewerbsabend der St. Ingberter Pfanne Nichts destotrotz noch ein Vivat!
St Ingbert · Die aus Bielefeld stammende Musikkabarettistin Melanie Haupt dominierte klar den zweiten Wettbewerbsabend der St. Ingberter Pfanne.
Von Kerstin Krämer

„Der beste Ort der Welt“? Das ist für Melanie Haupt generell das Theater, weshalb sie ihm gleich einen ganzen Liederabend gewidmet hat. Am Sonntag war‘s speziell die Industriekathedrale Alte Schmelz, wo die gebürtige Bielefelderin den zweiten Wettbewerbsabend der St. Ingberter Pfanne eröffnete und klar dominierte: Haupt macht intelligentes Musikkabarett, bei dem qualitativ einfach alles stimmt – Texte, Musik, Präsentation. Bühnenerfahrung und eine solide handwerkliche Ausbildung sind halt nicht zu unterschätzen.

Dass die Frau auch eine hervorragende Schauspielerin ist, weiß etwa, wer sie zusammen mit ihrem langjährigen Bühnenpartner Bodo Wartke in „Antigone“ gesehen hat, wo die beiden das komplette Stück nur zu zweit spielen. Jedenfalls zupft Haupt nicht nur einen kessen Nylondarm auf der Ukulele, sondern bläst einen auch als Sängerin schlicht um. Mit ihrer kräftigen, souligen Stimme kann sie süffisant in ätherischen Höhen zwitschern, um dann wieder rauchig zu shouten und zu knödeln wie eine zentnerschwere Bluesmama.

Dabei waren Haupt und ihr Begleiter Jonathan Bratoëff, der das Ganze abwechselnd mit groovendem E-Bass oder beseelter Gitarre garnierte, gern in flottem Swingtempo unterwegs, inklusive diverser Tempo- und Rhythmuswechsel. Und inhaltlich? Da liefert Haupt jede Menge Stoff zum Nachdenken. Nicht nur übers Theater, das sie als Ort des Austauschs ebenso vom Aussterben bedroht wähnt wie das Phänomen der kontroversen Diskussion.

Haupt singt über Chancengleichheit und kulturelle Aneignung; sie räumt mit dem Märchen von der einen Wahrheit auf und hat gegen die Verrohung der Menschheit in den asozialen Medien eine entschleunigende Lösung parat: „Stellen Sie sich mal vor, die ganze Welt würde sich ihre Hasskommentare faxen!“
Dieses Szenario deklinierte sie hier wunderbar theatralisch durch, bis zum Kollaps durch Papierstau. Künstliche Intelligenz? „Wer keinen Frontallappen hat, sollte nicht mitreden dürfen!“, forderte Haupt und stellte zum Abschluss eine sehr wichtige Frage: „Was für eine Gesellschaft wollen wir eigentlich sein?“ Tja.